Kommunale Wärmeplanung – Erfahrungswerte aus Telgte/Ostbevern

Die kommunale Wärmeplanung ist eine zentrale Herausforderung für Städte und Gemeinden auf dem Weg zur klimaneutralen Energieversorgung. Die Stadt Telgte stellt sich dieser Aufgabe, um eine zukunftsfähige Strategie für eine nachhaltige Wärmeversorgung zu entwickeln. Doch bevor das Projekt starten konnte, galt es, zahlreiche Hürden zu überwinden: von der Erfassung des Wärmebedarfs und der bestehenden Infrastruktur bis hin zur Identifikation geeigneter erneuerbarer Energien.

Im Interview sprechen wir mit Vertreter:Innen der Stadt Telgte über die größten Herausforderungen, die Beweggründe für die Zusammenarbeit mit externen Expert:Innen und die Erfahrungen aus dem Planungsprozess. Welche innovativen Methoden kamen zum Einsatz? Welche Ergebnisse konnten erzielt werden? Und wie geht es nun weiter? Die Antworten liefern wertvolle Einblicke für andere Kommunen, die vor ähnlichen Aufgaben stehen.

(ICM)Was waren die größten Herausforderungen Ihrer Kommune im Bereich der Wärmeplanung, bevor Sie das Projekt gestartet haben?

(Stadt Telgte) Eine der größten Herausforderungen bestand darin, sich einen umfassenden Überblick über die aktuelle Gesetzeslage und die vorhandenen Fördermöglichkeiten zu verschaffen. Die kommunale Wärmeplanung ist eine neue Aufgabe, die zunächst organisatorisch und personell in der Verwaltung verankert werden musste. Zudem stellte sich die zentrale Frage, wie der aktuelle Wärmebedarf und die bestehende Infrastruktur erfasst und die Potenziale für erneuerbare Energien identifiziert werden könnten, um daraus eine zukunftsfähige Strategie abzuleiten, die sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich tragfähig ist.

Warum haben Sie sich entschieden, eine externe Organisation für die Wärmeplanung zu beauftragen? Welche Erwartungen hatten Sie an diese Unterstützung?

Die Entscheidung für eine externe Organisation beruhte auf der Notwendigkeit, eine fundierte und objektive Analyse der Wärmeversorgungssituation sowie mögliche zukünftige Entwicklungsszenarien zu erhalten. Externe Expert*innen bringen methodische Ansätze sowie Best Practices aus anderen Projekten mit und können eine effiziente, datenbasierte und nachhaltige Wärmeplanung aufzeigen. Darüber hinaus erwarteten wir Unterstützung bei der Identifikation geeigneter Maßnahmen und eine neutrale Bewertung der möglichen Wege zur klimafreundlichen Wärmeversorgung.

Die Zusammenarbeit mit ICM

Wie lief die Zusammenarbeit mit den Expertinnen und Experten ab? Gab es regelmäßige Abstimmungen, und wie wurden Ihre individuellen Anforderungen berücksichtigt?

Die Zusammenarbeit war durch einen kontinuierlichen Austausch geprägt. In regelmäßigen Abstimmungsterminen wurden Zwischenergebnisse präsentiert, Herausforderungen diskutiert und notwendige Anpassungen vorgenommen. Unsere individuellen Anforderungen flossen durch Workshops, Feedback-Runden und gezielte Analysen in die Planung ein. Durch diesen interaktiven Prozess konnte eine Wärmeplanung für Telgte entwickelt werden, die den lokalen Gegebenheiten gerecht wird.

Welche Ansätze oder Methoden fanden Sie besonders hilfreich? Gab es Aspekte, die Sie als innovativ oder besonders effektiv empfanden?

Besonders hilfreich war die detaillierte Datenanalyse, die als belastbare Grundlage für Entscheidungsprozesse diente. Ein innovativer Ansatz war die Nutzung eines digitalen Zwillings von Eneka, mit dem sich der Bestand sowie verschiedene Zukunftsszenarien simulieren ließen. Dadurch konnten Entwicklungen und mögliche Maßnahmen realistischer eingeschätzt werden, was die Planung erheblich erleichterte.

Welche konkreten Ergebnisse oder Empfehlungen hat die kommunale Wärmeplanung geliefert, die für Ihre Kommune besonders relevant waren?

Die Wärmeplanung lieferte eine umfassende Bestandsaufnahme des Wärmebedarfs und der vorhandenen Infrastruktur. Auf dieser Basis wurden konkrete Handlungsempfehlungen entwickelt, darunter Maßnahmen zur Nutzung lokaler erneuerbarer Energien. Besonders relevant ist die Entwicklung eines Beratungsangebots für die Bürgerschaft, das die Sanierung von Bestandsgebäuden unterstützt. Dies trägt nicht nur zur Reduktion des Energieverbrauchs, sondern auch zur Erhöhung der Akzeptanz der Wärmeplanung bei.

Durch die Identifikation von Gebieten, die potenziell für Wärmenetze geeignet sind, können wir die Wärmewende in diesen Quartieren nun konkreter fassen und mit den strategischen Partnern in erste Machbarkeitsstudien und Planungen einsteigen. So wird der abstrakte Begriff ‚Wärmeplanung‘ greifbarer.

Aktivierung der Bürgerschaft – ein wichtiger Bestandteil

Wurden Bürger oder andere lokale Akteure in den Prozess eingebunden? Wenn ja, wie lief dieser Part der Planung ab, und wie waren die Rückmeldungen?

Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen sowie anderer lokaler Akteure war ein wichtiger Bestandteil des Prozesses. Durch gezielte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Informationsveranstaltungen mit der ICM und den strategischen Partnern vor Ort, wurden die Telgterinnen und Telgter frühzeitig einbezogen. Ziel war es, Transparenz zu schaffen, mögliche Ängste und Bedenken auszuräumen und offene Fragen zu beantworten. Die Rückmeldungen waren größtenteils positiv, insbesondere wurde die klare Kommunikation und die Nachvollziehbarkeit der geplanten Maßnahmen geschätzt.

Wie bewerten Sie das Verhältnis von Aufwand und Nutzen bei diesem Projekt? Wurden Ihre zeitlichen und finanziellen Erwartungen erfüllt?

Das Projekt erforderte einen erheblichen zeitlichen Aufwand, doch die investierten Ressourcen haben sich als sinnvoll erwiesen. Durch die frühzeitige und strukturierte Planung konnten langfristige Vorteile für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden. Nun liegt eine strategische Grundlage vor, die eine gezielte Umsetzung ermöglicht und Planungssicherheit schafft – bevor die gesetzliche Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung greift. Das kann besonders für die Eigentümer*innen ein Vorteil sein. Insgesamt wurden die gesetzten Erwartungen erfüllt.

Gab es neue Technologien oder Konzepte, die Ihnen durch die Wärmeplanung vorgeschlagen wurden und die Sie besonders überzeugend fanden?

Insbesondere die theoretische Nutzung von Wärme aus der Ems sowie aus Abwasserkanälen wurde als vielversprechend bewertet. Diese innovativen Ansätze könnten künftig eine bedeutende Rolle in der Wärmeversorgung spielen und zur Reduktion fossiler Energieträger beitragen. Die technische Umsetzbarkeit ist weiter zu prüfen, um das Potenzial bestmöglich auszuschöpfen.

Erkenntnisse für andere Kommunen

Welche Erkenntnisse aus diesem Prozess könnten Sie anderen Kommunen mit ähnlichen Herausforderungen mit auf den Weg geben?

Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass eine frühzeitige und umfassende Datenanalyse essenziell für eine erfolgreiche Wärmeplanung ist. Ebenso wichtig ist die Einbindung lokaler Akteure sowie eine transparente Kommunikation, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu sichern. Zudem hat sich die Zusammenarbeit mit erfahrenen externen Partnern als äußerst wertvoll erwiesen, da diese ihre neutrale Expertise und bewährte Methoden einbringen können.

Wie planen Sie, die Ergebnisse der Wärmeplanung umzusetzen? Gibt es bereits konkrete nächste Schritte, oder sehen Sie weiteren Unterstützungsbedarf?

Die Stadt Telgte plant, die vorgeschlagenen Maßnahmen schrittweise umzusetzen. Zunächst werden weitere Potenzialanalysen durchgeführt, um ein Pilotprojekt für ein Nahwärmenetz am Waldschwimmbad zu prüfen. Parallel dazu wird, gemeinsam mit lokalen Akteuren, ein Beratungsangebot für die Bürgerinnen und Bürger aufgebaut, das sich auf die Sanierung von Bestandsgebäuden und möglichen dezentralen Energielösungen konzentriert. Weitere Unterstützung wird in der Umsetzung konkreter Maßnahmen sowie in der Identifikation passender Förderprogramme erforderlich sein, um die Wärmeplanung langfristig erfolgreich in die Praxis zu überführen.

Vielen Dank für das Interview!

Sie stehen vor ähnlichen Herausforderungen wie Telgte? Vertrauen Sie auf die Expertise von Innovation City Management und gehen Sie den nächsten Schritt in Richtung klimaneutrale Zukunft.

Ansprechpartner:in

Kamil Folta

Kamil Folta

Senior Manager

Urbane Energielösungen

Telefon: 02041 / 7230650
E-Mail: kamil.folta@icm.de